Es gibt nun also tatsächlich eine neue Siedler von Catan – Erweiterung: Entdecker & Piraten. Was soll da noch kommen? Wir hatten schon Schifffahrt, Erkundung, komplexere Gebäudebauten, Ritterkämpfe, Ereignisse, Metropolen, Barbaren, Goldflüsse, Händler und Handelswaren, sogar Karawanen, einen Schokoladenmarkt, Fortschritt und unzählbar viele weitere abwechslungsreiche kleinere Varianten. Was braucht der unverwüstliche Siedlerfan, der all das schon totgespielt hat, noch? Richtig: KEINE Überarbeitung der Seefahrervariante!

Was macht nun also Entdecker & Piraten aus? Ihr ahnt es schon, haha. Nein, so schlimm ist es dann doch nicht, ich habe, zugegeben, für das Lesevergnügen ein wenig übertrieben. Am besten umschreiben kann man die Box aber tatsächlich als eine Art Mischung beziehungsweise Abwandlung von hauptsächlich Seefahrerelementen, gekreuzt mit verschiedenen anderen kleineren, zu mindest zum Teil bereits bekannten, Varianten, die dann zusammen ein sehr abgerundetes und abgestimmtes Spielerlebnis ergeben. Also: Drin sind grob gesagt fünf „Szenarien“, wobei man diese eher in vier aufeinander aufbauende Einführungen und schließlich das finale Spiel einteilen kann. Zu Beginn werden die neuen Schifffahrtsregeln vorgestellt, dann je drei Mal eine Missionsart (Piratenlager, Fischschwärme und der Handel mit Eingeborenen) vorgestellt und ausprobiert. Szenario Nummer fünf kombiniert dann ganz einfach all das und fühlt sich schließlich auch irgendwie fertig und richtig an. Wir haben blöderweise in der angebotenen Reihenfolge ausprobiert und waren dann entweder sehr gelangweilt oder hatten den Eindruck dass das entsprechende Element zu wenig Einfluss ausübt. Zusammengesetzt ergibt sich dann aber doch ein anderes und recht positives Bild. Letzendlich sieht es so aus, dass man ziemlich gewöhnlich Catan spielt, aber an Stelle von Städten jetzt Häfen aus Siedlungen entwickelt, welche keinen Ressourcenvorteil mehr abwerfen, dafür aber bestimmte Einheitentypen ausbilden können. Boote können sich in einer neuen Bewegungsphase eine gewisse Felderanzahl über das Spielbrett bewegen und verdeckte Inselfelder ent- und damit aufdecken. Haben sie einen Siedler an Bord, dann darf dieser an einer lukrativen Position eine neue Kolonie gründen; sind Krieger beziehungsweise Händler (ja, die sind irgendwie beides in einer Person) dabei, dann können gefundene Piratenlager angegriffen oder kann Kontakt zu Eingeborenen aufgenommen werden. Leere Boote dürfen aber auch gegebenenfalls auftauchende Fischschwärme fangen – sie haben regeltechnisch immer nur Platz für ein großes (Fische, Siedler) oder zwei kleine (Krieger/Händler, Gewürze) Spielelemente. Ohne da jetzt zu groß ins Detail zu gehen, funktionieren die Missionen alle recht ähnlich: Wenn man die gewisse Aufgabe gewissenhaft erledigt, gibt es Siegpunkte, wenn man dabei führt, mehr Siegpunkte, in Form eines jeweils wechselnden Bonuskärtchens ähnlich der früheren Rittermacht. So werden Fische gefangen, Gewürze gesammelt und schließlich beim Catanischen Rat abgeliefert, der Kontakt zu Eingeborenen bringt dauerhafte Spielvorteile mit sich (beispielsweise können Boote grundsätzlich weiter fahren), besiegte Piraten lassen Goldfundgruben zurück. Kurzum: Man fährt also ständig mit Booten rum, erkundet, baut Einheiten, packt die ein, packt die woanders wieder aus, sammelt was, liefert es ab, und so weiter. Die regulären Tauschhäfen des Grundspiels gibt es nicht mehr, dafür darf einfach immer 3:1 getauscht werden, und wenn man beim Ertragswurf eigentlich leer ausgehen würde, gibt’s den Trostpreis „Gold“, der eigentlich sau gut ist, da er 2:1 gegen beliebige Waren eingetauscht werden darf. Entwicklungskarten fallen ebenfalls raus.
Man bekommt also ein schickes Gesamtpaket aus Seefahrt mit wirklich fahrenden Schiffen, Erkundung, erweiterten Baumöglichkeiten und interessanten Inselfeldern mit Migrationshi.., äh, Missionshintergrund. Besonders das Erkundungselement ist sehr zufriedenstellend, da man hier wirklich das Gefühl bekommt eine unbekannte Insel zu entdecken, auf der es mehr zu sehen gibt als nur weitere Ressourcenfelder. Jetzt muss man sich aber eingestehen, dass wirklich nahezu alle diese Elemente in irgendeiner Form schon mal auf Catan waren, seien es fahrende Schiffe, Nebelfelder, Ritter die Piraten (Barbaren) bekämpfen, Fischvorteile, Händler, die Goldfelder und entsprechenden Goldhandelsregeln, etc. Für Veteranen, die schon die anderen Erweiterungen ihr Eigen nennen, gibt es hier, neben einer neuen und lobenswert abgestimmten Zusammenstellung, wenig bis gar nichts Innovatives. Platt gesagt bekommt man EIN neues Szenario, welches man der Abwechslung halber wohl sicher ein paar Mal spielen kann. Ob das nun aber das Geld wert ist? Für Einsteiger die bisher nur das Grundspiel besitzen kann aber andersrum genau das ein Segen sein: Hier gibt es viele tolle Elemente, gut verpackt, in einer sehr abgerundeten Erweiterung. Vielleicht hat man sich schon immer fahrende Schiffe und einen Fokus auf Entdeckung gewünscht, fand Schiffsketten und Ritter doof? Dann kann man nun endlich zuschlagen! Sehr schade aber, dass bestimmte Elemente des Grundspiels dabei verloren gehen und auch keinerlei Vorschläge gemacht werden inwiefern sich Entdecker & Piraten mit anderen Varianten, so vor allem auch Städte & Ritter, kombinieren lässt. Das würde wohl ohnehin schwierig werden, dann wie sollen Ritter nun noch über Seewege reisen, und ins Boot passen die auch nicht richtig. Zumindest der Gedanke eine Siedlung wahlweise zu einem Hafen ODER einer Stadt aufwerten zu können drängt sich doch unweigerlich auf. Nicht eine einzige Anmerkung dazu vorzufinden ist schon echt schwer enttäuschend! Man kann also eigentlich nicht von einer „Erweiterung“ sprechen, sondern kauft ein eigenständiges und abgeschlossenes Spiel. Auch wirkt es auf mich sehr befremdlich und unintuitiv, dass ich die Inseln auschließlich mit Booten erkunden kann, nicht aber mit einer bereits errichteten Siedlung auf eben dieser Insel durch Straßen und Ausbreitung neue Felder entdecken darf. Auch würde ich doch gerne meine Händler und Kämpfer irgendwie über Straßen bewegen dürfen – aber nö, is‘ nicht. Für mich ist es daher sicher nicht DAS ultimative Siedler. Ehrlich gesagt brauche ich auch nicht unbedingt bewegbare Schiffe – das Bauen von Seestraßen ist regeltechnisch so schön ähnlich zum Bau von Straßen, passt zum Siedelgefühl und erfüllt so ganz unkompliziert seinen Zweck – aber das ist natürlich Geschmackssache. So oder so, es müssen Hausregeln her! Ist ja auch recht schnell gemacht, auch wenn vermutlich das Spielgleichgewicht irgendwie darunter leiden wird. Da frage ich mich jetzt aber, wieso ich mir überhaupt die Erweiterung zugelegt habe, wenn ich auch einfach aus meinen bisherigen zig Elementen mit ein wenig Kreativität in kurzer Zeit ein ähnliches Catanerlebnis hätte basteln können? Ob die Anschaffung von Entdecker & Piraten lohnt, dürfte somit wohl eine sehr persönliche Entscheidung sein. Bei uns ist es auf jeden Fall erhältlich.
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