Obwohl ich hier auch mal einen Bericht über Kinderspiele schreiben könnte, möchte ich einen Teil des heutigen Berichtes von einigen kleinen Familienspielen handeln lassen, die letztens nach dem fast schon obligatorischen Strategiespiel auf den Tisch kamen. Nachwuchs hat indes auch die D&D Brettspielreihe bekommen, von der ich ein großer Fan geworden bin. Ob der jüngste Spross mit seinen Geschwistern mithalten kann? Und dann gibt es da ja noch diese Familie SdJ, die demnächst wieder Nachwuchs bekommen soll!
Aber fangen wir mit den kleinen Spielen an. Das sehr schnell gespielte Why first? aus dem Pegasus-Verlag setzt paradoxerweise auf Entschleunigung. Denn hier gewinnt nur der jeweils Zweitplatzierte am Ende der Runde die Punkte. Und folgerichtig gewinnt nach einer festgelegten Zahl an Runden am Ende auch derjenige, der die zweitmeisten Punkte hat. Getrieben wird das Spiel über einen sehr einfachen „Karte spielen und durchführen was darauf steht“- Mechanismus, und das ist nicht mehr als plus oder minus X Felder zu laufen. Der Kniff ist, dass ich meine Karten auch auf die Mitspieler spielen kann. Diese Entscheidung treffen alle gleichzeitig und zack … der eine macht in dieser Runde nichts, der anderen muss gleich drei Karten ausführen usw.. Hat mir beim ersten Spielen sehr gut gefallen, und nicht nur weil ich in der letzten Runde sowohl runden- als auch Gesamtzweiter geworden bin!
Wanzen tanzen von Amigo ist dagegen schon mit seinen 3 Jahren fast ein Veteran in der Spieleszene. Das Kniffelprinzip wird aufgegriffen, um auf den Punktekarten eine von mehreren zur Auswahl stehenden Würfelkombinationen (kniffeltypisch, aber auch spezieller, wie z.B. „Summe gleich 25 oder 26“) zu erzielen. Um neu zu würfeln muss ich Würfel stehen lassen oder eine Babywanze nehmen, um alle eben gerade gewürfelten Würfel noch einmal zu würfeln. Mit der fünften Babywanze muss ich eine Minuskarte nehmen, die immer höher werden, je später sie genommen werden müssen. Die Pluspunkte bekommt nur, wer die letzte noch offene Kombination erzielt. Und Fehlwürfe werden mit gleich zwei Babywanzen bestraft. Am Ende gewinnt, wer hätte das gedacht, der mit den meisten Punkten (was durchaus mal im Minusbereich sein kann). Ein schnelles einfaches Würfelspiel, für das man kein Buchhaltewerkzeug braucht (aka Zettel und Stift) und das endlich mal wieder als Absacker auf den Tisch kam.
Der Nürnberger Spielkartenverlag ist in den letzten Jahren in punkto (genial) einfache Spiele nicht mehr wegzudenken. Ein weiteres Beispiel dafür ist Träxx, bei dem die Spieler versuchen, auf ihrem Tableau mit farbigen Sechsecken (und da hört die Ähnlichkeit zu Siedler schon auf…nur falls das jetzt jemandem durch den Kopf ging) mittels einer Verbindungslinie möglichst viele Felder abzudecken und die Punktefelder dabei auch noch vor den anderen zu erreichen. Eine für alle gleichzeitig geltende Karte wird aufgedeckt und gibt die Farben vor, die in diesem Zug beschritten werden dürfen. Wenn alle Karten gespielt sind wird abgerechnet. Minuspunkte für nicht beschrittene Felder, Pluspunkte für die Punktefelder (halbe Punktzahl, wenn ich dieses Feld nicht als erster erreicht habe. Wie immer bei den letzten Benndorf-Spielen dachte ich vor dem Spiel „Das soll also Spaß machen??“ und wie immer dachte ich danach „Jau!“. Wenn man also einen Absacker ohne Würfel und ohne Karten sucht, dafür mit beschichtetem Spielfeld und abwischbaren Stift (ok, und ein paar Karten sind dann doch dabei), sollte man sich Träxx mal anschauen.
Temple of Elemental Evil (ToEE) ist das vierte und neueste Setting der kooperativen D&D Boardgame-Reihe. Das Grundprinzip ist bei allen Spielen gleich: Als Heldengruppe erkunden wir Spielplanteil für Spielplanteil Verliese oder Höhlen um eine vorher je nach Szenario festgelegte Aufgabe zu erfüllen (besiege X, rette Z, entkomme aus dem Verlies usw.). Das Tolle ist: wir brauchen keinen Spielleiter-Overlord-Overseer-Sauronspieler, der durch seine undankbare Aufgabe von allen anderen am Tisch null Funken Sympathie erhält. Die Gegner steuern sich durch Encounter und Monstertaktiken, die auf Karten erläutert sind. Das Ganze ist deutlich simpler gehalten als z.B. Descent, macht aber irre Spaß gerade weil es sehr vereinfacht ist. Jedes Set hat seine Besonderheiten: Castle Ravenloft gilt als sehr knackig und war das erste Set in dieser Reihe, fokussierte dabei Untote. Wrath of Ashardalon (WoA) war dann eher generische Fantasy und brachte Spezialkammern mit einem Zufallsdeck an Zielen, Türen und ein erstes Kampagnendenken. Legend of Drizzt spiegelt die Ereignisse der Romanreihe von R.A. Salvatore wieder und ließ hier auch schon mal kompetitive Elemente (Verräter, Team gegen Team) und auch ein Defensiv-Szenario auftauchen. Brauchte man aber jetzt noch ein Set? Und was macht dieses dann besonders?
Aus meiner Sicht braucht man dieses Set unbedingt … wenn man Kampagnenspiele mag! Bei WoA gab es Ansätze hierfür, die mich aber noch nicht zufriedenstellten, ich spielte weiterhin lieber die Einzelszenarien. ToEE hingegen ist genau auf diesen Aspekt ausgelegt: Der (zugegebenermaßen relativ kurz ausfallende) Szenariotext jedes Szenarios schließt immer an das vorhergegangene Abenteuer an. Je nachdem wie gut ich mich schlage, kommen neue Karten in das Encounter-, Monster- oder Treasuredeck: schlage ich mich zu gut, kommen schwierigere Encounter in das Deck und die Gegner „leveln“ schneller hoch, bzw. werden durch die Elementare verstärkt, die sonst nur als Endgegner auftauchen … aber auch die Schätze werden dann besser. Ich kann meinen Helden (wie sonst auch) nur auf Level 2 hochstufen, kann dann aber danach noch nette Boni kaufen, die mich mehr Schaden machen oder neu würfeln lassen, oder die eine erschöpfte Fertigkeit auffrischen, oder 2 Lebenspunkte heilen (je einmal pro Abenteuer). Außerdem gibt es jetzt drei Szenarien, die über der Erde, in der Stadt Red Larch spielen. Das ist ebenso einmalig in dieser Reihe! Kurzum, ich bleibe Fan und habe noch nicht genug!
Ach, ja! Zum Thema Spiel des Jahres: Nominiert ist nominiert, und für mich ist es immer ein Ansporn, mal die Spiele aus der Liste auszuprobieren, die mich bislang nicht interessiert haben. Ich bin da manchmal betriebsblind. Ich gönne jedem der Spiele den Titel! Und falls Machi Koro das Spiel des Jahres wird, nehme ich mein Colt Express tröstend in den Arm und spiele mit ihm eine Runde Why first? !
Das soll jetzt erst einmal reichen. Wenn ihr zustimmende oder abweichende Meinungen habt, oder Verschwörungstheorien zum SdJ bzw. zu der Tatsache, dass die letzten drei Berichte alle am 27. erschienen sind …. tobt euch im Kommentarbereich aus!
Ich weiß ja… ihr wollt alle nur spielen!
Ich kann Ingo nur zustimmen. Why first? War eine kleine Überraschung für mich, auch weil mich die Schachtel nicht gerade spontan ansprach. Der Inhalt allerdings ist stimmig und das Spiel spaßig und kurzweilig.
Bei Wanzen Tanzen weiß ich schon gar nicht mehr ob ich es gespielt habe. Damals (TM) kamen ja gleich eine ganze Reihe solcher kleinen Würfelspiele bei Amigo heraus. Piraten Kapern war eins davon, welches immer wieder mal Freude bereitet. Von einem weiteren weiß ich nur noch, dass ich gnadenlos verloren hatte und es als eher ungerecht empfand. Aber leider ist mir der Titel entfallen. Würfeln, Kniffelprinzip und so klingt aber eigentlich danach, als dass ich das noch einmal ausprobieren müsste.
Träxx sieht definitiv interessant aus. Gedankliche Notiz erstellt.
Beim Temple of Elemental Evil schließlich dachte ich zuerst, dass es Just-one-more-Cthulhu-Game* wäre, was beim Titel durchaus denkbar erscheint. Aber als Fortsetzung der tollen D&D-Brettspielreihe, dieses Mal sogar mit Charakterentwicklung, ist es quasi ein Must Have für meine Spielerunde Zuhause.
*) Ich mag den Cthulhu-Spielen ihren Spielspaß nicht absprechen, ganz im Gegenteil freue ich mich immer über die enthusiastischen Erfolgsmeldungen, dass sich so viele mutige Recken unter den Spielträumern immer und immer wieder den unaussprechlichen Schrecken stellen und unsere Welt zu schützen versuchen (oder als Forscher/Ermittler ihren Verstand riskieren). Doch mit Horror fremdel ich insgesamt stärker – Zombies sind für mich kein Horror mehr, insbesondere auf dem Spielbrett – und der umfangreiche Cthulhumythos ist mir dann doch irgendwie zu viel des Guten.