Daniels Spielwoche 1/2015

Liebe Spielträumerfreunde,

die spielerische Durststrecke für mich ist beendet. Hallo, ich bin wieder da! Nach meinem Umzug, den Renovierungsarbeiten, dem Weihnachtsstress (und dem ESC-Video) und vielen weiteren Kleinigkeiten darf ich endlich, endlich wieder spielen. Das. Wurd. Ja. Mal. Auch. Zeit.

Das Herz von Glürm

Den spielerischen Einstieg nach dem Einräumen meines neuen alten Spieleregals – das jetzt plötzlich zwar geordneter, aber voller aussieht (siehe rechts) machte die Maus&Mystik-Erweiterung Herz von Glürm. Wir hatten schon lange geplant, es in den Weihnachtsferien endlich anzugehen, und die ganze Familie freute sich darauf. Der Inhalt der Schachtel enttäuscht zunächst: nur ein Buch (immerhin genauso dick wie das erste Geschichtenbuch „Trauer und Erinnerung“), eine Handvoll Karten und zwei Miniaturen, das war’s schon? Es hat es durchaus in sich, denn mit den Karten kommen neue Gegner, unter anderem die „willenlosen Ratten“, die zombiegleich nach einem Treffer wieder aufstehen können, und die „ätzenden Kakerlaken“, die, wenn sie keinen Nahkampfangriff ausführen können, sich auf Gift-Fernkampf verlagern. Fiese Biester.

Als kurzer Einschub mal eben was zu Maus&Mystik, falls der geneigte Leser es tatsächlich nicht kennen sollte: es handelt sich prinzipiell um ein Fantasy-Rollenspiel-Brettspiel, bei dem die Story im Vordergrund steht. Im Königreich Andan treibt eine böse Zauberin ihr Unwesen, und die einzigen Helden, die jetzt noch helfen können, werden in Mäuse verwandelt und schlagen sich fortan mit diversem Ungeziefer (Ratten, Kakerlaken, Hunderfüßer, Spinnen usw.) herum, gewinnen im Verlauf des Spiels neue Fertigkeiten und Ausrüstung hinzu und erleben so ein großes Abenteuer, das nicht an einem Abend gespielt wird, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg, denn (fast) alle Errungenschaften können ins nächste Kapitel mitgenommen werden. Mechanisch gesehen wird viel gewürfelt; M&M ist kein Strategie-/Grübelspiel, sondern ein Abenteuer-/Erlebnisspiel. Und dabei vermutlich das Beste.

In der Geschichte geht es um das Glühwürmchen Glürm, dessen Freundin im Zuge der Bekämpfung Vanestras im ersten Buch (keine Spoiler an dieser Stelle!) nicht ganz ohne die Einwirkung der Helden umkam, was Glürm nun zur dunklen Seite der Macht konvertieren lies. Gleich im ersten Kapitel geht es in einer wirklich tollen Story (mit leider wie gewohnt vielen Schreib- und Interpunktionsfehlern – trotz angeblich dreier Korrekturleser im Hause Heidelberger; kann man da mal was machen?) gegen Glürm und seine Schergen, und man merkt schnell: der Schwierigkeitsgrad ist deutlich gestiegen.

Könnte daran liegen, dass wir ohne die in TuE erworbenen Ausrüstungsgegenstände und Fähigkeiten gestartet sind. Oder daran, dass wir ein bisschen aus der Übung waren. Auf jeden Fall brauchten wir für die ersten drei Kapitel insgesamt elf Anläufe. Immerhin lief jedes Spiel anders ab, so dass wir noch weit davon entfernt sind, gelangweilt zu sein.

Wer Maus&Mystik besitzt, muss nun natürlich auch das Herz von Glürm haben, das ist ja keine Frage. Und wer diese Art Spiel nicht mag, der wird auch durch Glürm nicht bekehrt (schade, ist aber so). Es bietet eben hauptsächlich „more of the same“, ist aber damit genau das, was wir wollten. Super!

Pandemie

Als amtierende deutsche Meister mussten Supersilke und ich uns natürlich zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im Oktober auch mit Pandemie beschäftigen. Wir wählten die Stufe „normal“, also fünf Epidemien, und die Rollen Alleskönner (hat 5 statt nur 4 Aktionen) und Wissenschaftler (benötigt nur 4 statt 5 Karten zur Gegenmittelfindung). In Europa sah es lange Zeit ganz, ganz schlecht aus; es drohten, die blauen Würfel auszugehen, und wir hatten einen Ausbruch nach dem anderen. Aber dank unserer geduldigen Strategie – Kontrolliere das Brett! Hoffe auf die richtigen Kartenfarben! Tausche die letzte, fehlende Karte! – schafften wir es in der buchstäblich letzten Sekunde mit sieben (!) Ausbrüchen doch noch. Puh.

Camel Up

Über das letztjährige Spiel des Jahres habe ich schon einmal etwas geschrieben, damals war ich nicht so ganz überzeugt. Jetzt haben wir es einmal in kleinerer Besetzung zu dritt im Familienzusammenhang gespielt, und es gefiel mir deutlich besser. Ich schätze, dass man erst einmal begreifen muss, dass es sich mitnichten um ein Rennspiel handelt, sondern dass es ein reines Zockerspiel ist. Man versucht einfach, aus jeder Etappe möglichst gut herauszukommen. Langfristige Planung gibt es dabei nicht viel (außer auf das tolle oder das olle Kamel zu wetten*), aber dafür viel hoffen auf den richtigen Wurf, Spannung und Schadenfreude.

* heißt das eigentlich wirklich so? Ich habe nur die englische Fassung, da heißt es langweilig first bzw. last camel. Wieder ein Beispiel dafür, dass alles im Original besser ist.

Nach dieser neuerlichen Spielerfahrung würde ich es tatsächlich gerne noch einmal mit insgesamt vier Erwachsenen spielen, und danach könnte ich mir durchaus vorstellen, dass es vielleicht den SdJ-Preis zu Recht gewonnen hat. Mir gefällt es im Moment tatsächlich sehr gut.

Der Millionencoup

Kommen wir zu den Weihnachtsgeschenken. Als Besitzer eines TipToi-Stiftes – das ist ein elektronischer Stift, der Ton abspielen kann und mit Hilfe einer Fotozelle erkennt, wohin man auf dem Spielbrett geklickt/getippt hat (oder in einem Bilderbuch, denn der TipToi-Stift ist hauptsächlich für Kinder gemacht) – hatten wir uns das Spiel bereits 2013 auf der Messe angesehen und für interessant befunden. Im Spiel geht es um einen Bankraub, den die Spieler zusammen durchführen*. Zuerst gibt es eine Planungsphase, in der wir Fertigkeiten lernen können, zum Beispiel Klettern, Safe knacken, Schlösser öffnen oder auch schleichen. Danach steigt das Ding: wir brechen in die Bank ein, verstecken uns vor dem Wächter, schalten Alarmanlagen aus, durchsuchen die Büros, klettern durch den Fahrstuhlschacht, knacken Schlösser und öffnen schließlich, ganz am Ende, den Safe. Dabei läuft alles in recht behäbiger Echtzeit ab.

* Schade: die Spieleredaktion traut sich nicht, die Spieler Verbrecher sein zu lassen. Denn wir sind offiziell nur unterwegs, um Sicherheitslücken aufzuspüren. Gähn. Also, bei uns am Tisch ist es dann doch wieder anders. >:-)

Eine Aktion „kostet“ eine gewisse Zeit, während der man einfach nur warten kann. Wenn alle Spieler von einem Raum in den nächsten gehen, was jeweils drei Zeiteinheiten dauert, sitzt man eine knappe Minute da, in der man nichts anderes tun kann. Vielleicht noch einen Kaffee kochen oder Schnittchen machen. Auch nicht schlecht.

Leider kommt das Spiel so trotz des großartigen Themas nicht richtig in Fahrt. Spannend wird es zwischendurch trotzdem, wenn der Wächter naht und man vorher nicht ausgekundschaftet hat, wohin er sich als nächstes bewegen wird. Aber so richtig rasant, so richtig hollywood ist es leider nicht. Wahnsinnig schade. Dennoch haben wir es inzwischen drei- oder viermal gespielt und werden auch die höheren Schwierigkeitsgrade in Angriff nehmen. Wenn man einen TipToi zuhause hat, lohnt sich ein näherer Blick. Wenn nicht, dann nicht.

Merchant of Venus

Mein Secret Santa bei boardgamegeek.com beglückte mich mit dieser riesenhaften und schweren Schachtel. Mein Gott, was hat Fantasy Flight da viel Zeugs in die Schachtel gepackt. Gefühlte tausend Pappchips sind es, die erst einmal geordnet werden müssen, dazu noch hunderte Karten, vier sehr bemalwürdige Mini-Raumschiffe (siehe Bild rechts) und ein gewaltiger, sehr verwirrend aussehender Spielplan.

Und damit sind wir beim großen (und einzigen?) Problem vom MoV. Das Spiel sieht einfach ultrakomplex aus – ist es aber nicht. Wenn man sich erst einmal durch die 20 reich bebilderten, aber viel zu elaboraten Seiten Anleitung gekämpft hat, trifft man auf ein simples Spiel – und ich sage das keineswegs mit einem Naserümpfen – mit genau zwei Mechanismen: einmal ein einfaches „Roll & Move“, also Würfeln und Bewegen, wie man das von Mensch-ärgere-dich-nicht kennt, und dann ein ebenfalls überschaubares Nachfrage-Bedarf-System, das man nach einer Minute Erklärung verstehen sollte. Die obszön aufgeblähte Anleitung suggeriert da etwas ganz anderes.

Zumal dem Spiel sogar noch eine zweite! Anleitung beiliegt. Die enthält ein komplett (naja – fast) anderes Spiel, das mit dem in der Schachtel vorhandenen Material ebenfalls gespielt werden kann, das aber dann doch noch ein bisschen komplexer ist. Ich habe mir diese „Standardspiel“ genannte Variante allerdings noch nicht näher angesehen, weshalb ich dazu jetzt noch nichts sagen kann.

Fakt ist, dass Supersilke und mir das „Klassische Spiel“ wahnsinnig gut gefiel, und somit wird es hoffentlich öfter auf unseren nun im neuen Haus befindlichen Ess- und Spieltisch gelangen, im flackernden Schein des Kamins und dank Fußbodenheizung muckeligen Füßen. Ähem.

Und noch was in ganz eigener Sache

Mit meiner Band Peace Hill habe ich mich für den deutschen Vorentscheid des Eurovision Song Contest beworben (jaja, in echt). Hier ist das dazugehörige Video, das wir im September/Oktober in Osnabrück aufgenommen haben und das ich kurz vor Weihnachten geschnitten habe. Ich würde mich freuen, wenn Ihr, geliebte Leser, Euch das Video anschauen würdet und es dann mit Eurer Familie, Euren Freunden und Euren Kollegen teilen würdet. Im Moment warten wir zwar noch auf eine Jury-Entscheidung, dass wir Mitte Februar in Hamburg am Clubkonzert teilnehmen dürfen, aber danach geht es um Telefonanrufe und Klicks und die Beteiligung des Publikums. (Außerdem finde ich, dass das Video gut gelungen ist.)

Viel Spaß und – jetzt ehrlich! – wir lesen uns nächste Woche.

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Ich wünsche Euch allen ein tolles, spannendes und verspieltes neues Jahr. Probiert mal was neues aus – und spielt mehr!