Daniels Spielwoche (2/2015)

We built this City on Rock’n’Roll

Machi Koro war eins dieser japanischen minimalistischen Spiele des Verlags Japon Brand, die auf der SPIEL 2013 in Essen schon am frühen Vormittag ausverkauft waren. Zum Glück hat Kosmos dieses kleine Juwel für den deutschen Markt aufgelegt. Worum geht es?
Wir bauen unsere eigene kleine Stadt. Jeder Spieler startet mit den gleichen zwei Karten, die bei den Würfelzahlen 1–3 aktiviert werden. Zu Beginn des Zuges würfelt man, dann kassieren alle Spieler ihre Erträge. Ein bisschen wie bei den Siedlern von Catan: jeder passt auf, was gewürfelt wurde und nimmt sich die entsprechenden Rohstoffe. Nur, dass die Ressourcen wegrationalisiert wurden. Statt fünf verschiedenen Grundstoffen gibt es nur noch Geld. Und neue Karten kosten entsprechend auch nicht Getreide und Wolle, sondern Geld. Wer zuerst seine vier teuren Sondergebäude gebaut hat, gewinnt.
Das war schon alles. Trotzdem ist Machi Koro nicht total banal, es erlaubt verschiedenste Wege zum Erfolg. Zum Beispiel könnte ich mich auf eine Warensymbolsorte beschränken, die in Kombination mit der einen richtigen Karte dann fette Erträge ermöglichen. Oder ich mache schnell den Sprung auf „zwei Würfel“, das heißt, ich kann eher als die anderen mit zwei Würfeln potentiell höhere Zahlen erzielen und so nur noch mir helfen, und die anderen gehen leer aus. Oder ich versuche, mich möglichst breit aufzustellen, so dass ich bei jedem möglichen Ergebnis etwas Geld bekomme.
Zugegeben, Machi Koro ist beileibe kein Strategiehammer. Aber mit einer guten halben Stunde Spielzeit muss es das ja auch nicht sein. Die Nische „flottes Familienspiel“ wird jedenfalls mit der japanischen Würfelstadt gut besetzt. Meine 10-jährige Tochter spielt ohne Einschränkungen mit, mein 7-jähriger Sohn jedoch hat mit den taktischen Entscheidungen seine Probleme. Und möchte hinterher lieber noch eine Partie „Legende von Drizzt“ spielen.
Inzwischen habe ich MK dreimal gespielt (und dreimal gewonnen *hüstel*), jedes Mal mit einer anderen Strategie, ohne dass sich nennenswerte Verschleißerscheinungen einstellen. Wahrscheinlich sind drei Mitspieler der sweet spot, denn zu viert dauert es doch ein bisschen lang.
Ich kenne übrigens nur die in der Spielregel beschriebene Variante von Machi Koro. Normalerweise liegen alle Gebäude von Anfang an aus, und man darf munter und beliebig einkaufen. Mit der Variante liegen nur zehn Karten aus, und wenn eine gekauft wird, ersetzt man sie vom Nachziehstapel. Ein bisschen Zufall und Dynamik tut einfachen Spielen gut – siehe auch die fixe Auslage bei Dominion gegen die dynamische Trade Row bei Star Realms. Bin sehr zufrieden mit diesem kleinen Schätzchen. Zwei Daumen oder … naja … Hosomaki hoch.

Ich war der goldene Reiter

Ebenfalls auf den Kern reduziert, dabei aber ein kompromissloses Eurospiel mit ca. zwei völlig unlangweiligen Stunden Spieldauer: The Golden Ages von Luigi Ferrini. Bei diesem Zivilisationsspiel wurden ebenfalls die omnipräsenten Rohstoffe weggelassen und durch Münzen ersetzt. Ein bisschen komplexer als Machi Koro – und das soll jetzt das letzte Mal sein, dass ich die beiden vergleichend erwähne, denn sie haben rein gar nichts miteinander zu tun – ist The Golden Ages aber schon. Die Ressourcen existieren irgendwie aber doch, und zwar aufgedruckt auf dem Spielplan und auf den hinzukommenden Kartenteilen. Wer auf einem solchen Teil eine Stadt errichtet, erhält einen Ertrag – aber eben in Geldform. Das erspart das von mir so verhasste Hin-und-her-Getausche. Wenn ich die entsprechenden Technologien nicht ausgebaut habe, ist es egal, ob ich auf einem Stein-Feld oder auf einem Getreide-Feld baue, beides verschafft mir eine Münze.
Wir steuern die Geschicke unseres Volkes über die üblichen Zeitalter hinweg. Bei The Golden Ages sind es, anders als bei 7 Wonders, vier Zeitalter. Der Anführer unserer Zivilisation kann sich durchaus im Spielverlauf ändern – ich war zum Beispiel zuerst Perser (der direkt mit einem Pferdekarren und einer Zugreichweite von zwei Feldern startet), dann Inka, wurde später zum Portugiesen, um schließlich als Japaner zu enden. Witzig. Die für ein Civ-Spiel wichtigen Technologien sind auf den Spielertableaus aufgedruckt. Erforscht werden sie einfach dadurch, dass man ihre Kosten bezahlt; ab sofort stehen sie dann zur Verfügung.

Mein Tableau am Ende des Spiels.

Mein Tableau am Ende des Spiels.

Was geht mechanisch in diesem Spiel ab? Es gibt natürlich einen territorialen Aspekt, also das gegenseitige Blockieren von Gebieten. Ein bisschen Kriegsführung gehört auch dazu – allerdings sind die Auswirkungen nicht sehr gravierend, im schlimmsten Fall verliert man einfach ein Gebiet und dadurch später Siegpunkte. Eine Prise Worker Placement ist dabei, wenn wir uns gegenseitig Wunder und Gebäude wegschnappen. Und viel ist Timingsache: wann benutze ich einen meiner Arbeiter (Völker? Armeen?) zum Städtegründen, wann erforsche ich eine Technologie, wann baue ich ein Gebäude? Und wann passe ich und bestimme so erstens eine Siegpunkt-Bedinung und erhalte zweitens noch ein bisschen zusätzliches Geld? Hochinteressant.
Es sind, so scheint mir nach meiner einen Partie, vielfältige Strategien möglich. Ich habe mich ein bisschen hier und ein bisschen da engagiert, da mir noch der Überblick fehlte. Trotzdem reichte es noch für einen komfortablen zweiten Platz, allerdings weit hinter Kriegstreiber Ingo. Es könnte natürlich auch daran gelegen haben, dass Lothar ohne näheren Grund Kathrin mehrfach angriff, was beide schwächte, und dass ich als der lachende Dritte (bzw. im Endergebnis Zweite) dabei herauskam.
Obwohl es ein reinrassiges Eurospiel mit recht viel erforderlicher Denkarbeit ist – zumindest für mein kleines Hirn – hat mir The Golden Ages sehr gut gefallen.

Hinter dir! Ein dreiköpfiger Affe!

Wie ein Pirat darf man sich im Familienspiel Black Fleet aus dem Haus Space Cowboys fühlen. Alle Spieler besitzen zwei wundervoll gestaltete, anmalwürdige Schiffe aus Plastik, und zwar ein Handelsschiff und eine Schaluppe* mit drei resp. einem Warenwürfel Kapazität. In Häfen lassen sich die großen Pötte mit Waren beladen, und nun versucht man, mittels Karteneinsatzes über die hübsch bunte Karibikkarte auf die andere Seite des Spielplans zu schippern.

*spätestens seit Sid Meiers „Pirates“ weiß ja jeder,
dass Schaluppen die besten Piratenschiffe sind …

Sind die hübsch! Will malen!

Sind die hübsch! Will malen!

Damit das nicht zu langweilig wird, dürfen die Piratenschiffe die Handelsschiffe plündern, wenn sie ihnen begegnen. Die erbeuteten Waren darf man aber leider nicht verkaufen, sondern muss sie – eigentlich logisch! – am Strand verbuddeln. Durch die unterschiedlichen Ziele entsteht eine lustige Dynamik; alles fährt irgendwie durcheinander, blockiert und kapert sich ein bisschen. Der Zugmechanismus funktioniert dabei tadellos: auf einer Bewegungskarte, von denen man stets zwei zur Auswahl hat, stehen die Reichweiten der drei Schiffe (zusätzlich zu den bereits erwähnten gibt es noch neutrale Marineschiffe, die den Piraten auf den Pelz rücken). Eine Karte auswählen, drei Schiffe bewegen, eventuell Geld kassieren, dann selbige Dublonen wieder investieren – schon ist der nächste Spieler an der Reihe.
Das Salz in der Suppe sind die speziellen Fähigkeiten, die man als Schiffsaufbauten erwerben kann. Sie ermöglichen spezielle Bewegungsmuster, Boni oder gar Einnahmequellen. Zusätzlich gibt es noch einmalig einsetzbare Karten, die man fast jede Runde dazu erhält, und die auch noch interessante Dinge tun können. So ist dann der einzelne Zug auch nicht völlig trivial, sondern bietet dem Spieler genug Raum für clevere Spielzüge und Tricks. Strategisch ist das Spiel nicht, aber taktisch gibt es schon genug her – und man darf sich des öfteren wie ein gerissener Freibeuter fühlen. Die Spieldauer von etwa einer Stunde geht also in Ordnung.
Ein klasse Familienspiel, für Kinder ab ca. 10 Jahre geeignet. Korsaren der Karibik light – aber das muss ja nicht schlecht sein. Meine Empfehlung.

Schlüsselblumensalat?

So sieht die Auslage eines Gewinner aus!

So sieht die Auslage eines Gewinner aus!

Hundertprozentig war ich davon ausgegangen, Keyflower zu hassen. Allein schon die blassen Farben. Hexfelder mit komplizierter Ikonographie! Viele kleine Rohstoffzylinder! Mittelalterthema*! Aber ich musste mich überraschen lassen: Keyflower ist gar keins dieser Klötzchentauschspiele à la Feld, vielmehr geht es, und das wird von der Mechanik des Spiels zu keiner Zeit vertuscht, direkt von Anfang an um Siegpunkte, die – zum Glück! – erst am Ende abgerechnet werden.

*ja, ich weiß. Egal.

Zu Anfang geht man noch falsch an das Spiel heran und denkt, man müsse sich selbst bestimmte Gebäudeplättchen sichern, um bestimmte Waren produzieren zu können und so Produktionsketten errichten. Die gibt es aber in Keyflower gar nicht! Stattdessen sammelt man einfach z. B. möglichst viele Steine, weil die, so sie am Spielende zum richtigen Plättchen transportiert wurden, Siegpunkte bringen. So einfach geht’s doch auch, Herr Rosenberg!
Der Kern des Spiels ist ein interessanter Bietmechanismus. Jeder Spieler verfügt über eine gewisse Anzahl an Arbeitern in drei verschiedenen Farben. Der Einsatz der Arbeiter an einem Plättchen gibt vor, mit welcher Farbe dort von nun an weiter geboten werden muss. Zusätzlich dürfen die zu ersteigernden – wie auch die bei den anderen Spielern ausliegenden – Plättchen auch direkt benutzt werden. Die darauf befindlichen Arbeiter gehen dann allerdings an den Besitzer. Das bedeutet natürlich auch, dass man die eigenen Gebäude praktisch umsonst benutzen darf. Ein wirklich innovativer Mechanismus.
Thematisch ist Keyflower vermutlich noch dünner als z. B. Ora et Labora, dafür aber kürzer und vor allem übersichtlicher. Ich fand es nicht so schlecht. Wird nicht mein Lieblingsspiel, aber ich habe es auch nicht gehasst. Und das ist ja bei einem drögen Eurospiel schon mal was. 😉
Okay, ich habe auch mit einem starken Vorsprung gewonnen – 67 Punkte, Supersilke als Zweite hatte 48 Punkte, die anderen beiden Mitspieler kamen irgendwann hinterher – aber ich behaupte mal, dass das jetzt nicht in meine Meinung des Spiels einfließt. Echt ehrlich.

I’m known to be quite handsome
in a certain angle and in a certain light

Mit Das Herz des Glürm, der fantastischen Erweiterung zum hinreißenden Maus und Mystik, sind wir schon fast durch. Nach Anfangsschwierigkeiten in den ersten Kapiteln – wie hier bereits berichtet – sind wir am Wochenende durch das fünfte Kapitel nur so durchgerauscht, ohne auch nur ein einziges Mal das gefürchtete Käserad gefüllt zu haben. Dabei hat Neré (gespielt von mir) wieder mal nichts, aber auch gar nichts getroffen, und Lily, die fast die ganze Runde über neben ihr stand, trank meist auch nur Prosecco, anstatt ihren Bogen zu benutzen. Inzwischen sind aber die wichtigsten Mitglieder der Heldengruppe (Tilda, Collin, Rex) so mit Fähigkeiten und toller Ausrüstung vollgeladen, dass nur noch wenige Gegner sie schocken können. Vielleicht ist es somit auch ganz gut, dass die Geschichte nur sechs Level hat …
… andererseits ist es dann zu Ende! Wie schrecklich. Immerhin haben wir noch die „Lost Levels“ (oder wie hießen die?), die wir im Anschluss spielen können. Und Heidelberger hat bereits die Erweiterung Geschichten aus dem Dunkelwald („Downwood Tales“) angekündigt – mehr Futter für das tollste Familienspiel™ aller Zeiten! Ich tanze vor Glück um meine drahtlose Tastatur herum.

Wir lesen uns nächste Woche!