Spielvorstellung: Polis – Fight for the Hegemony
Mit der Einschätzung von Polis habe ich mir sehr viel Zeit gelassen und immer und immer wieder aufs Neue gespielt. Ich glaube, mittlerweile habe ich in etwa verstanden was die von mir wollen und was ich da tue, auch wenn es immer noch nicht einwandfrei klappen mag. Polis sieht aus wie das typische Kampfspiel: Weltkarte mit Kriegern und Schiffen drauf, Kampf- und Ereigniskarten, Athen gegen Sparta und ein Würfel. Solche Spiele mag ich für gewöhnlich überhaupt nicht. Der Eindruck täuscht.
Polis ausführlich zu erklären oder gar ein Video dazu zu machen, würde einerseits den Rahmen sprengen, andererseits hättet Ihr rein gar nichts davon. Denn Polis hat zwar an sich nicht sonderlich komplizierte Regeln, einen nachhaltigen Eindruck gewinnt man aber tatsächlich erst, sobald man das Regelwerk am eigenen Leib erfahren darf. Einheiten bauen und bewegen, Städte einnehmen und verteidigen, Handel treiben und Wunder errichten – all das klingt vertraut, und das tut es auch noch nachdem Euch jemand jedes einzelne Detail Schritt für Schritt erklärt hat. Sogar etwas stumpf und glückslastig erscheint das Kartenkampfsystem und auch der Würfelwurf beim Belagern von Städten.
Gänzlich unerwartet traf uns die erste Partie mit voller Härte: Bis zu vier Runden soll die Geschichtsstunde dauern – nach nur einer einzigen hatten wir uns derart kaputtgespielt, dass wir abgebrochen haben. Wie soll ich denn vernünftig Krieg führen, wenn jede blöde Bewegung, Belagerung oder Ausbeutung spärliches Ansehen und damit Siegpunkte kostet, und ich ohne rein gar nichts mehr befehlen darf? Wieso kann in der ersten Runde gar kein Kampf gegen den Mitspieler ausgelöst werden, und wie genau soll man jemals genug Nahrung für die gierige Bevölkerung aufbringen? Geld will der Proxenos, aber ich habe und bekomme keins! Und wie bescheuert ist eigentlich dieser Würfelwurf? … Und mit den großartigen Erfolgen der ersten Runde geht es gleich weiter in die zweite – nix da Grundeinkommen zu Rundenbeginn. Aber natürlich erst, nachdem sich unsere Städte auf Grund ungestillten Hungers verabschiedet haben und unsere Reserven vergammelt sind.
Jetzt weiß ich: Kriege fängt man nicht leichtfertig an, denn sie können verheerend sein. Hätte ich mir eigentlich denken können, ist auch total logisch, aber viele andere Spiele vermitteln da anderes und so sind wir anderes gewöhnt. Truppen befehligt man nicht unüberlegt – das missfällt den Einwohnern. Städte lohnen sich nur, wenn sie mehr liefern als sie Nahrung schlucken. Darum überlege ich mir meine Züge jetzt immer ganz genau. Ich schaue mir jedes Detail der Karte an und analysiere die Möglichkeiten meines Gegenspielers – nicht weil ich gewinnen will, sondern weil ich mich nicht kaputtspielen will. Zwei Aktionen pro Zug, eine Auswahl aus zwölf Optionen. Kriegerische Mittel nur im äußersten Notfall. Armeen postiere ich an Schlüsselpositionen damit mein Gegenüber nur schwer eine freie Handelsroute aufbauen oder entfernte Regionen erreichen kann. Soll der sich doch kaputtspielen. Ich drohe seinen Proxenos zu fangen, erkaufe mir mit meinem aber entscheidende Städte ohne eine frustrierende Belagerung riskieren zu müssen. Diese entwickle ich behutsam, damit sie mir Prestige ein- und Wunder so wie neue Krieger hervorbringen. Der Handel ergänzt meine Ressourcen, damit ich genau die Zahnräder drehen kann, die momentan wirklich wichtig sind.
Polis ist ein wenig wie Schach. Ein Fehler, und das war’s. Für Neulinge oder Spieler die sich nicht ewig mit einem Spiel beschäftigen und in dieses einarbeiten möchten, ist Polis daher absolut nichts als unverständlich und frustrierend. Für zwei eingefleischte Strategen ist Polis hingegen ein sehr empfehlenswertes Stellungsspiel. Nachdem man ein paar mal auf die Schnauze gefallen ist und festgestellt hat, dass siegesträchtige Strategien aus herkömmlichen Kampfspielen hier nicht ziehen, entpuppt sich Polis als ein raffiniertes Mehrheitenspiel: spielentscheidend ist, wer wie, wo, und warum seine Klötzchen platziert und den Gegner besser einschränkt. Mit Glück hat das sehr wenig zu tun – im Gegenteil finde ich den Würfelwurf inzwischen ziemlich thematisch und angebracht. Niemand muss diesen Würfel werfen und niemand muss einen großen und gefährlichen Kartenkampf eingehen! Besonders gut dürfte der Titel bei Geschichtsliebhabern ankommen, bietet das Spiel doch zahlreiche thematische Ereigniskarten, von denen nur je vier in einer Partie auftauchen, und ist es auch sonst sehr einnehmend gestaltet. Vielspieler freuen sich über langanhaltende Abwechslung und das brennende Bedürfnis dieses Ding zu beherrschen. Wir werden versuchen das Spiel für Euch zu bekommen und es, sobald verfügbar, hier zur Verfügung zu stellen.
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