Spielvorstellung: Rokoko
Auf Rokoko war ich (und sind sicher auch viele andere) ausgesprochen gespannt, da eggert (Vertrieb: Pegasus) mit Village erst kürzlich eines meiner Lieblingsspiele vorgelegt hatten – da muss man dranbleiben! Und siehe da: Eine innovative Kartenmechanik bringt es mit:
Drei Karten hat man die Runde und kann durch das Ausspielen einer eine der Aktionen wählen. Allerdings, und das ist spannend, gibt es drei Grundtypen – den Lehrling, Gesellen und Meister -, die einer Hierarchie unterliegen und so nicht auf alle Aktionen zugreifen dürfen: Der Meister kann aus allen Aktionen wählen, der Gesell darf keine neuen Mitarbeiter einstellen und der Lehrling schließlich ist größtenteils für das Einkaufen zuständig und wird sicherlich nicht an die wertvollen Kleider gelassen! Zusätzlich bietet jede Karte noch eine Extraaktion, beispielsweise zu Beginn einen Zusatzkauf oder etwas Geld, später aber auch direkt Geld oder Siegpunkte für bestimmte Kleidersammlungen oder Ausstattungen oder gar saftige Vergünstigungen – daher möchte man gerne je nach Strategie andere Arbeiter hinzuziehen (Deckbau – die Auslage wechselt jede Runde und wird immer stärker) und sich so ein effektives Schneidergespann zusammenstellen. So werden Stoffe eingekauft und zu Kleidern verarbeitet oder eine der Ausstattungen des Spielplans finanziert – bis nach sieben Runden das Spielende eingeläutet wird und für verschiedenste Dinge Siegpunkte ausgeschüttet werden, in erster Linie aber für Mehrheiten an eigenen Kleidern in den Sälen des Balls.
Die Idee ist großartig, das Thema top, das Spiel drumherum leider nicht. In der Praxis spielt sich die Handhabung der drei Kartentypen nicht so spannend wie es sich anhört, da man eigentlich doch immer grob das machen kann, was man möchte und sich nur wenig anpassen muss – vor allem, da man seine drei Rundenkarten immer aus dem Nachziehstapel aussuchen darf und nicht blind nachziehen muss, sodass quasi immer ein Meister auf seinen Einsatz wartet. Die Kartenstapel bleiben normalerweise recht klein, werden daher schnell mit dem Ablagestapel vermischt und bieten so ständig Zugang zu allen Optionen. Letztere sind sehr beschränkt: Man kauft Plättchen ein oder gibt sie für Kleider wieder ab, alles andere ist nur Beiwerk: Startspieler werden, einen neuen Arbeiter anwerben, einen Arbeiter aus dem Deck entsenden oder eine Ausstattung finanzieren (Markierung auf einen von vielen Plätzen des Spielplans legen). Natürlich will das durchdacht sein, aber das haben wir schon deutlich besser gesehen. Dazu kommt, dass der Mehrheiten-Wettlauf derart zügig ist und neue Arbeiter verhältnismäßig teuer (je mehr noch ausliegen, desto teurer – der Erste muss also am meisten zahlen), sodass teilweise überhaupt gar kein Deckbau betrieben wird. Wieso einen Meister (anfänglich ohne Sonderaktion!) und viel Geld aufwenden, wenn das Deck auch so sehr gut den Einkauf und das Schneidern zulässt und sonst womöglich wichtige Plätze für Mehrheiten (auch bei den Ausstattungen: z.B. zu Beginn jeder Runde zusätzliches Geld) weggeschnappt werden und vor allem die Mitspieler anschließend viel günstiger an neue Karten kommen? Dazu kommt, dass das Spiel wiedereinmal nahezu alles belohnt: Generell Kleider, Mehrheiten in Sälen, Ausstattungen und deren Funktionen (z.B. Kleider verdoppeln, verschiedene Kleider sammeln), aber auch Handkartenfunktionen. Es ist beispielsweise möglich nahezu ohne Kleider zu spielen, nur in Ausstattungen zu investieren (Sieben Runden lang Scheiben auf Felder legen und dafür zu Beginn der Runde wieder Geld bekommen) und Geld in Siegpunkte umzuwandeln – ziemlich öde. Jede Partie verläuft dabei sehr ähnlich – Stoffe und Kleider kommen verschieden, die Karten sind aber nach Runden sortiert, nur 28 an der Zahl und variieren so praktisch nicht. Was bleibt ist ein recht gut funktionierendes aber vor allem harmloses Familienspiel, bei dem alles kann aber nichts muss und aus dem so für Vielspieler nach spätestens drei Partien die Luft raus ist. Und wieso soll ich Rokoko spielen, wenn im selben Jahrgang Lewis & Clark erscheint, welches eine zum Teil sehr ähnliche Kartenmechanik aufweist, dabei aber ein wesentlich besseres Spiel ist (dazu in Kürze mehr)? Ja, dies war eine rhetorische Frage.
Hinterlasse einen Kommentar