Der Puls steigt! Die Fitness wird trainiert, um beim Wettlauf um die limitierten Auflagen vorne mit dabei zu sein! Die Arm- und Rückenmuskulatur werden gestählt, damit die IKEA- oder AEG-Tüten voller Spiele bewältigt werden können.  Neuheitenlisten werden gelesen, erstellt oder auch ignoriert! Hoffnungen darauf, dieses Jahr „eigentlich gar nicht sooo viel interessant“ zu finden, werden verzweifelt und gebetsmühlenartig vor dem Zubettgehen gen Himmel gesandt! Ja, liebe Leser, es ist wieder Messe-Zeit! Spiele-Silvester ist bald! Aber welche Spiele des letzten Jahrgangs spielen wir denn heute noch gern? Welche sind uninteressant geworden oder gefloppt? Welche Wissenslücken der Spiel ’15 gibt es noch zu füllen? Daniel und Ingo kramen in ihrem Gedächtnis und geben ihren 100%ig subjektiven Senf dazu … und vielleicht auch einen kleinen Ausblick.

Ingo: Daniel, was von den Neuheiten des letzten Jahres spielst du denn heute noch gerne?

Daniel: Tja, was spiele ich denn noch? Was habe ich überhaupt seit der Messe wieder gespielt, was nicht total aus meinen Gedanken verschwunden ist? Da gibt es einerseits dieses kleine, sympathische aber relativ unbekannte Codenames, das ich bei fast jedem Spieleabend mit im Gepäck habe; und das Big Book of Madness (deutscher, fieser Titel: Das Grimoire des Wahnsinns – also, mal ehrlich!), was ich aber nur so halb zählen kann. Zwar haben wir das letztes Jahr auf der Messe gespielt und sofort für gut befunden, aber die deutsche Version ist noch nicht so lange in meinem Besitz (erst seit diesem Sommer). Aber das spiele ich tatsächlich immer noch so gerne, dass ich es jetzt am liebsten direkt auspacken würde.

Ingo: Das kann ich verstehen, es gefällt mir auch ganz gut. Bei mir ist z. B. auch Barony eines von den Spielen, die mir damals auf Anhieb gefallen hatten, und das ich ganz oft in meiner Spieletasche dabei habe. Es hat es auch schon mehrfach auf den Tisch geschafft und ist dabei immer gut angekommen. Ich lese da sonst im Netz leider eher wenig drüber. Einen gewissen Erfolg muss es aber gehabt haben, denn es kommt jetzt eine Erweiterung … bin mir aber noch nicht sicher, ob ich die brauche. Ich finde Barony eigentlich ganz rund so wie es ist.

Daniel: Ja, Barony ist auch wirklich klasse. Da hatten wir dereinst eine tolle Spieleerklärerin, deren Methode mir sehr im Gedächtnis geblieben ist – sie erklärte nicht alle Regeln auf einmal, sondern gab uns nur einige wenige Handlungsmöglichkeiten vor und führte uns wie in einem Tutorial durch das Spiel. Nach drei, vier Runden hatten wir es dann begriffen und konnten alleine weiterspielen. Ich hätte mir Barony auch zugelegt, wusste aber, dass Du es Dir kaufen würdest.

Ingo: Was die kleinen Spiele angeht ist neben Deep Sea Adventure, das es ja auch jetzt offiziell als Tiefseeabenteuer gibt, jetzt auch Maskmen von Oink Games öfter mal auf den Tischen gelandet.

Daniel: Maskmen finde ich immer noch faszinierend. Das habe ich auf der Messe überhaupt nicht gepeilt, inzwischen ist es aber bei mir angekommen, und ich kann bei den Großen mitspielen. Deep Sea Adventure habe ich auch sehr, sehr häufig gespielt. Das funktioniert auch in jeder Besetzung – mit Kindern, Erwachsenen, Vielspielern, Neulingen … und verwöhnt immer wieder mit der grafischen Gestaltung, dem einfachen Spielablauf und dem fiesen Groupthink, dem Gruppenzwang, der Entscheidung, ob man weitermacht oder aufhören will. Superoberklasse. Dieses Jahr gehe ich auf jeden Fall wieder zu Oink!

Ingo: Ja, der Besuch bei den Japanern ist für mich auch Pflicht dieses Jahr. Das war sehr nett letztes Mal! Wie stehst du denn zu den „Superhits“ des Jahres, wenn man die allgemeine Resonanz betrachtet? Also neben Codenames z.B. Blood Rage, Pandemic Legacy, T.I.M.E Stories, Mombasa …

Daniel: Damit ich es vom Tisch habe: Mombasa habe ich ja tatsächlich mal gespielt und auch (zumindest in meiner Erinnerung …) sogar gewonnen. Ist ein sehr verkopftes Eurospiel, bei dem man immer mehrere Züge im Voraus planen muss. Mir zu anstrengend, wobei ich verstehen kann, dass sich der Stratege an sowas erfreuen kann. Vermutlich hat es den Deutschen Spielepreis zurecht gewonnen, das kann ich aber nicht so beurteilen, weil ich da nicht so die Zielgruppe bin.

Blood Rage und T.I.M.E Stories (was soll das eigentlich mit dem fehlenden Punkt hinter dem „E“?) habe ich zu meiner Schande noch nicht gespielt, besonders Time Stories ist natürlich eine klaffende Lücke. Schande! Schande!

Ingo: Aber echt!

Daniel: Codenames habe ich ja vorhin schon erwähnt, das ist natürlich grandios und überhaupt eins der besten Spiele der letzten Zeit. Dieses Jahr kommt Codenames Pictures, also quasi das gleiche mit Schwarzweißbildern – instabuy für mich.

Ingo: Codenames gehört für mich auch bis heute noch zu den Highlights! Die allererste Partie hatten wir ja auf englisch gespielt. Ich erinnere mich noch, dass ich dachte „Olymp“ und „Pan“ könnte ich ja super mit „Mythology 2“ beschreiben … und hab’s auch gemacht. Sekunden später fällt mir ein: englische Version! Pan ist dann kein griechischer Gott der Hirten, sondern ’ne Bratpfanne! Sch…#*&%! Es lief dann auch nicht soooo gut mit dem Tipp …

Daniel: … und ich erkläre auch jedes Mal mit meinem „Stock-Enten“-Hinweis: „Vogel 2“ – wobei es in der Auslage auch noch Amsel gab. Etwas gewagt, aber Malte hatte es verstanden. Immerhin Malte versteht mich.

Was natürlich auch ganz großes Kino ist: Pandemic Legacy. Ich bin sowieso ein riesiger Pandemie-Fan, aber was da mit Legacy passierte … fantastisch. Leider sind wir immer noch nicht durch, sondern erst im Juli.

Ingo: Pandemic Legacy und T.I.M.E Stories sind auch bei mir voll eingeschlagen, wobei ich den Zeitreisen aus dem Hause Space Cowboys doch deutlich den Vorzug geben würde. Mombasa interessiert mich bis heute nicht. Das Thema und alles was ich dazu höre lässt mich nicht daran glauben, dass es ein Spiel für mich ist.

Daniel: Nee, braucht man auch nicht.

Ingo: Witzigerweise rückt Great Western Trail, das nächste große Spiel von Alexander Pfister, gerade auf meinen Radar. Das stelle ich mir etwas zugänglicher vor und auch das Thema passt besser. Zu Blood Rage könnte ich mich noch gewinnen lassen. Das fehlt auch noch in meinem Erfahrungsschatz, aber die ganz große Sehnsucht besteht da nicht.

Zum Thema Hit fällt mir aber noch siedend heiß 7 Wonders Duel ein. Das hat sich bei mir ganz schnell in die Top-Zweipersonenspiele gespielt.

Daniel: Stimmt, das war ja auch letztes Jahr. Ein tolles Spiel, was aber Supersilke immer gewinnt, manno. Müsste mal wieder auf den Tisch.

Ingo: Wenn ich so auf unsere Berichte zurückschaue, sind Spiele wie Lembitu oder Potion Explosion für mich heute nicht mehr interessant. Auch CVlisations hatte ich schon wieder völlig vergessen, aber das gab es irgendwie auch nicht im Laden, glaube ich. Mein thematisches Mitbringsel-Highlight der Messe war ja Prime Time gewesen, wo ich ein eigenes TV-Programm bastele und um Zuschauer und Werbeverträge konkurriere. Das hat sich leider als zu grübellastig herausgestellt, wobei ich es in einigen Teilen ganz gut umgesetzt fand. Ich habe dieses Jahr neue Hoffnung in The Networks gesetzt. Gleiches Thema mit hoffentlich leichterem Zugang.

Dann gab es da ja noch Erweiterungen! Die Pferde & Postkutsche (und natürlich der DeLorean) von Colt Express fand ich richtig gut! Damit hat mir auch eine drei Spieler Partie wieder mehr Spaß gemacht! Kulte und Kulturen für Goldene Zeitalter habe ich bislang nur einmal spielen können. Da hatte ich den Eindruck, dass die neuen Elemente zu stark waren und das Spielgeschehen zu sehr an sich gerissen haben. Das muss ich aber noch mal spielen, um diesen Eindruck zu prüfen.

Daniel: Colt Express habe ich noch nie mit Erweiterung gespielt. Soll ja gut sein … Gibt es noch was anderes?

Ingo: Also, auf Anhieb könnte ich nicht sagen, ob es bei mir noch eine dringend zu füllende Lücke gibt. Bei längerem Nachdenken würden mir am ehesten die Spiele mit Theaterthema einfallen, also Shakespeare oder Hoftheater.

Daniel: Hm. Isle of Skye war ja auch letztes Jahr, das ist immer noch toll. Mysterium wurde auch ziemlich gehyped, das fand ich auch in Ordnung, aber nach zwei oder drei Spielen hat man auch schon alles gesehen. Über 504 von Friedemann Friese wurde ja auch viel gesprochen, das fand ich aber (nach zugegebenermaßen nur einem Spiel) nicht gut. Sonst wüsste ich nichts.

Wie sieht es denn dieses Jahr aus? Die großen Hypes wie Das Orakel von Delphi, Ein Fest für Odin, Terraforming Mars (und diverse andere Mars-Spiele), Cry Havoc und Scythe lassen mich eher kalt. Interessant finde ich Dragon & Flagon (Geoff Englestein), Fabelsaft (Friedemann Friese) und die neue Edition von Mansions of Madness, die ich mir auf der Messe aber gar nicht unbedingt angucken muss, genauso wie das Cthulhu-Pandemie. Und dann gibt’s Sola Fide, wobei ich da nicht weiß, ob das mein Ding ist. Und ich will bei den Japanern von Oink vorbei (logisch) und spare Geld, weil bei Japon Brand schon alles ausverkauft ist.

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Ingo: Wenn ich jetzt nach vorne schaue, bin ich wie gesagt auf The Networks gespannt. Vor Kurzem habe ich bei Kickstarter noch Germania Magna mitgebacken, ein Kartenspiel bei dem wir als Germanen smash-up-artig römische Provinzen erobern. Ich möchte einen Blick auf Inis von Matagot werfen und auf Flamme rouge von Lautapelit.fi . Ansonsten möchte ich mich treiben lassen und mal schauen, was es so gibt. Fabelsaft und Sola Fide fand ich auch noch interessant. Die genannten Hypes lassen mich bislang kalt, oder im Fall von Orakel von Delphi und Great Western Trail zumindest nur lauwarm.

Und bei euch so? Stimmt ihr mit unseren Tops und Flops überein oder kommt ihr zu einem völlig anderen Ergebnis? Und worauf freut ihr euch?

Wir lesen uns in jedem Fall nach der Messe. Bis dahin: Weiter spielen!